25. Jun. 2024
Der Bauer im Zoo
Im Nordhorner Tierpark führt Martin Kamphuis Schafe spazieren, backt Pfannkuchen, baut Gemüse an, erzählt Kindern von früher und gibt Führungen über Landwirtschaft, Ernährung und Tierhaltung.
Martin Kamphuis ist der neue Bauer Jan des Tierparks Nordhorn. Ihn treffe ich im Vechtehof, dem alten Bauernhaus, das mitten im Tierpark liegt. Die Küche ist eingerichtet wie vor hundert Jahren, der lange Holztisch, der alte Küchenofen, an dem Bauer Jan manchmal kocht. Martin Kamphuis trägt seine Arbeitskleidung, blauweißes Hemd, Weste, dunkle Cordhose und an den Füßen Holzklumpen. Er arbeitet schon seit über drei Jahren im Tierpark Nordhorn, seit April dieses Jahres ist er der neue Schaubauer in dritter Generation. Bei einem Kaffee am Holztisch sprechen wir über Spaziergänge mit Rindern, Pfannkuchen, Esel und Bildung im Tierpark.
Was machen Sie eigentlich den ganzen Tag als Bauer im Zoo?
Ich sitze nicht den ganzen Tag hier in der Küche rum (lacht). Nein, ich bin immer irgendwo unterwegs, ich gebe Führungen, komme mit den Besuchern ins Gespräch, halte den Hof in Schuss, kümmere mich um den Gemüsegarten, unterstütze die Tierpfleger bei den täglichen Arbeiten, wie Stall ausmisten und füttern, zurzeit füttere ich auch ein Storchenpaar, und ich mache Tiertraining.
Wen trainieren Sie?
Zum Beispiel versuche ich, ein einjähriges Rind an das Halfter zu gewöhnen, um mit ihm durch den Tierpark zu spazieren. Der Weg vom Hof weg ist meist etwas mühsam. Zurück geht es schneller.
Manchmal sind Sie auch mit einem Schaf an der Leine unterwegs.
Das ist Hedwig, sie ist mit der Hand hier im Tierpark aufgezogen worden und so zahm, dass sie an der Leine bis zum Eingang und zurück geht. Für die Besucher ist das immer ein Highlight, wenn ich mit den Tieren herumspaziere. Sie stellen viele Fragen und wir kommen ins Gespräch. Das ist schön.
Was ist Ihr Lieblingstier im Tierpark?
Die Poitou-Esel, das sind ganz tolle Tiere.Wie kann es auf einem Schaubauernhof gelingen, einem modernem Zoo gerecht zu werden und gleichzeitig alte Traditionen zu vermitteln?Es geht darum zu zeigen, wie haben Menschen früher, vor 100 oder 150 Jahren gelebt, zum Beispiel hier in dieser Küche mit ziemlich detailgetreuer Ausstattung. Und wir möchten Fragen beantworten wie: War das Landleben früher idyllisch? Wie haben die Menschen ohne Kühlschrank Lebensmittel haltbar gemacht? Wie war die Tierhaltung früher? Wie sieht heute ein moderner Betrieb aus? Wie werden unsere Lebensmittel hergestellt? Was sind regionale Produkte? Ich finde es wichtig, realistisch zu zeigen, so war das früher und so ist das heute, und dass wir ins Gespräch kommen über Landwirtschaft, Ernährung, Nachhaltigkeit und Tierhaltung.
Wie ist das Interesse der Besucher und Besucherinnen?
Sehr groß. Das ist auch der Grund, weshalb mir die Aufgabe so Spaß macht, egal, ob mit Kindergartenkindern, Schulkindern oder Erwachsenen. Senioren sehen zum Beispiel Dinge hier im alten Vechtehof, die sie noch von früher kennen, und dann erzählen sie Geschichten, das ist toll. Bei Kindern ist es schön zu sehen, wie sie Kontakt zu den Tieren aufbauen und sie hautnah erleben. Gestern hatte ich eine Kindergartengruppe. Anfangs waren alle etwas zurückhaltend und ängstlich, aber nachher haben sie begeistert die Tauben gefüttert und die Schweine gestreichelt.
In welchen Bereichen haben Sie vorher gearbeitet?
Ich bin staatlich geprüfter Landwirt und staatlich geprüfter Umweltschutztechniker und habe 25 Jahre in der landwirtschaftlichen Beratung in der Grafschaft und im Emsland gearbeitet. Daher kenne ich auch die Landwirte hier in der Region und ihre Realität. In dem Jahr, bevor ich hier angefangen habe, habe ich bei der Grafschafter Jugendwerkstatt als Anleiter und Arbeitspädagoge gearbeitet. Und nebenher habe ich schon seit dreieinhalb Jahren Führungen im Tierpark gemacht.
Kann sich jeder an den Tierpark wenden, egal welches Alter und welche Gruppe, um bei Ihnen eine Führung zu buchen?
Ja, klar, sogar mit Pfannkuchen Essen. Vergangene Woche saßen hier am Tisch zehn Mädels und zwei Mütter bei einem Kindergeburtstag, und ich habe dort auf der Kochmaschine mit den zwei alten Pfannen schweißgebadet Pfannkuchen gebacken, mit Apfelmus oder Puderzucker. Das war cool. Das geht natürlich auch für Erwachsene mit Speck und Zwiebeln.
Welche Themen bieten Sie an?
Egal welches Thema, ob Landwirtschaft, Ackerbau, Getreidearten, Ernährung oder alte Haustierrassen, für deren Erhalt wir uns ja auch auf dem Vechtehof einsetzen, wir sind offen für Anfragen und lassen uns auch immer etwas einfallen. Wir richten uns nach den Interessen der Besucher, auch ob es fachlich oder etwas amüsant sein soll. Ich hatte schon einmal eine Gruppe, die einen Junggesellinnenabschied gefeiert hat, mit Bollerwagen und Prosecco. Da war das Thema der Führung dann Trächtigkeitsdauer und Fortpflanzung bei den verschiedenen Tierarten. Alles machbar! Es ist schön, wenn hier Leben in der Bude ist.
Weitere Informationen:
Am Samstag, 13. Juli 2024 steigt von 16 bis 23 Uhr das Sommerfest im Tierpark mit Musik und einem abwechslungsreichen Programm.
Tierpark Nordhorn: www.tierpark-nordhorn.de
Wann Bauer Jan auf dem Vechtehof anzutreffen ist, steht auf der Internetseite des Tierparks: https://www.tierpark-nordhorn.de/vechtewelt/termine-in-der-vechtewelt/
Interview: Inga Rahmsdorf
Inga Rahmsdorf ist geboren und aufgewachsen in Nordhorn. Sie studierte in Berlin und arbeitete bei der Süddeutschen Zeitung in München, bis sie sich nach 20 Jahren wieder vom Großstadtleben verabschiedete und mit ihrer Familie zurück in die Grafschaft Bentheim zog.
