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Vor 46 Jahren verschlug es Siegfried und Marianne Leibold durch einen Zufall in das niedergrafschafter Dorf im Moor. Längst ist es zu ihrer Heimat geworden und Siegfried Leibold hat eine Tradition der Herrnhuter Brüdergemeine übernommen: die großen Weihnachtssterne selbst zu basteln.
51 Zacken hat der gelbe Stern, der in seinem Wohnzimmer hängt. 51 Papiere hat Siegfried Leibold dafür ausgeschnitten, gefalzt und geklebt. Eine filigrane Arbeit, die etwa 15 Stunden dauert. „Wenn ich ungenau arbeite, zieht sich der Fehler durch den gesamten Stern“, sagt er. Jedes Jahr im Spätsommer holt Siegfried Leibold Pappen, Kleber, Schere und Cutter heraus und bastelt bis Weihnachten Sterne. Seit 35 Jahren. „Das ist mein Hobby“, sagt er. Seine 17-Jährige Enkelin Mia hilft ihm dabei. Die Geschichte der Weihnachtssterne ist mit dem Ort, in dem er lebt und mit seinem eigenen Leben eng verbunden.
Ganz im Norden der Grafschaft Bentheim an der Grenze zu den Niederlanden liegt das Dorf Neugnadenfeld. Weite Moorflächen und schnurgerade Kanäle durchziehen die Landschaft. Die Nationalsozialisten errichteten hier im Zweiten Weltkrieg ein Lager und zwangen Gefangene unter menschenunwürdigen Bedingungen zur Arbeit im Moor. 1946 zogen Geflüchtete der Brüdergemeine Herrnhuter, einer evangelischen Glaubensgemeinschaft, in die leerstehenden Baracken des ehemaligen Arbeitslagers und begannen, das Dorf Neugnadenfeld aufzubauen.
Siegfried und seine Frau Marianne Leibold landeten durch Zufall vor 46 Jahren in Neugnadenfeld. Er kommt aus Baden-Württemberg, sie aus den Niederlanden. Das junge Paar wohnte damals in Süddeutschland und hatte gerade das erste Kind bekommen. „Ich habe mich dort nicht wohl gefühlt, meine Familie und die holländische Mentalität vermisst“, sagt sie. Sie beschlossen, an die niederländische Grenze zu ziehen. Ein Freund ihres Vaters lebte in Neugnadenfeld und empfahl ihnen den Ort, „gut für Familien und günstige Grundstücke“. Es war schon eine große Umstellung, erinnern sich die beiden, aber sie fühlten sich schnell wohl in der besonderen Dorfgemeinschaft. Mit den älteren Bewohnern konnte Siegfried Leibold sogar schwäbisch reden, denn die geflüchteten Mitglieder der Brüdergemeine waren zwar größtenteils im Schlesien aufgewachsen, die Wurzeln der Herrnhuter reichen aber auch zurück bis nach Baden-Württemberg.
Vor 35 Jahren schlugen einige Neugnadenfelder Siegfried Leibold vor, mit ihnen Herrnhuter Sterne zu basteln, eine Tradition der Brüdergemeine. Der Legende nach hatte ein Mathematiklehrer im 19.Jahrhundert für seine Schüler:innen den Stern mit den Zacken entwickelt. Da der Originalstern heute von der Oberlausitzer „Herrnhuter Sterne GmbH“ markenrechtlich geschützt ist, darf Siegfried Seibold seine Kunstwerke streng genommen nur „Weihnachtssterne nach Herrnhuter Art“ nennen. Weltweit leuchten heute Millionen dieser Sterne in der Weihnachtszeit. So auch in vielen Häusern in Neugnadenfeld, wo auch zwei von Marianne und Siegfrieds Kindern mit Enkelkindern leben, die sogar Mitglieder der Brüdergemeine sind. „Hier ist unser Zuhause“, sagt Siegfried Leibold. Er hofft, dass seine Enkelin Mia die Tradition fortführen wird, Sterne zu basteln.
Inga Rahmsdorf ist geboren und aufgewachsen in Nordhorn. Sie studierte in Berlin und arbeitete bei der Süddeutschen Zeitung in München, bis sie sich nach 20 Jahren wieder vom Großstadtleben verabschiedete und mit ihrer Familie zurück in die Grafschaft Bentheim zog.